Donnerstag, 21. April 2011

21.04.2011: Gondar

Wer hat eigentlich so frühe Flüge erfunden? Ich hasse ihn! Nach einer viel zu kurzen Nacht und dem Frühstück in einem Burgerladen, waren wir wieder am Flughafen. Unglücklicherweise hatte der Burgerladen keine Kaffeemaschine und ich war auf schwerem Koffeinentzug. Wie kann man mir so etwas nur antun? Eine Qual!
Der Flughafen in Addis ist ein wenig technologisierter als der Flughafen in Jimma. Deshalb waren die Sicherheitskontrolle und der Checkin wie aus Europa gewohnt. Sogar zugeteilte Sitzplätze haben wir heute. Toll!
Bevor wir zu unserem Gate durften, mussten wir und unser Handgepäck durch eine weitere Kontrolle. Danach ging die Warterei los, wie immer wenn man fliegt.
Unser Flugzeug war wieder eine Propellermaschine und ich bin noch vor dem Abheben eingeschlafen. Kurz vor dem Tana-See wurde ich von einer Stewardess mit Essen geweckt. Kaffee wäre mir lieber gewesen. Aber so konnte ich noch ein wenig die Landschaft unter mir auf mich wirken lassen.
In Gondar gelandet haben wir unser Gepäck vom kürzesten Gepäckband der Welt geholt und dann versucht ein halbwegs günstiges Taxi in die Stadt zu finden. Billiger als 50 ETB pro Person ging es leider nicht, aber man kann nicht alles haben.
Wieder erwartete uns die Hotelsuche. Im Reiseführer hatten wir das „Terrara Hotel“ gefunden, das als günstig und gut deklariert wurde. Mit 75 ETB für ein Einzelzimmer mit Dusche ist es tatsächlich günstig, aber gut ist was anderes. Das Niveau entspricht in etwa der Halleluja Pension in Abra Minch und auf noch eine Nacht in der ich nicht schlafen kann weil ich Angst habe, dass mir eine Kakerlake in den Mund krabbelt, hatte ich echt keine Lust.
Nach ein wenig Überzeugungsarbeit ließen die anderen sich breit schlagen, sich noch 1 – 2 andere Hotels anzusehen. Zurückkommen kann man immer noch. Gleich neben dem „Terrara Hotel“ steht die „Crown Pension“. Eine nette kleine Pension, mit großen, schönen, sauberen Zimmern und Bad mit warmem (!!) Wasser. Der Luxus kostet 270 ETB für das Doppelzimmer, aber war es wert. Die Inhaber sind sehr bemüht und die Lage ist auch sehr gut.
Das geklärt haben wir uns auf Futtersuche begeben, die uns ins Telecafé geführt hat. Ein Tipp von einer aus unserer Gruppe, die vor uns in Gondar war. Ich kann den Tipp nur weitergeben. Das „Ful“ ist super, auch sonst haben sie gutes Essen, der Kaffee ist lecker und die Bedienung freundlich. Auch die Preise sind nicht übertrieben.
An der Post wurden wir, während die Jungs Briefmarken kaufen waren, von einem Typen angesprochen. Ob wir geplant hatten in die Simian Mountains“ zu fahren. Das hatten wir natürlich nicht, aber er machte uns ein interessantes Angebot: er habe da schon zwei englische Mädels, die morgen für einen halben Tag in die Simien's fahren wollen und noch Mitfahrer suchen. Kostenpunkt in etwa 250 ETB pro Person und Treffen heute Abend um 17 Uhr um alles weitere zu besprechen. Das klang schon irgendwie cool, aber in einem halben Tag Simien's und zurück? Man kann es sich ja mal anhören und dann entscheiden was man macht.
Unser nächstes Ziel war das Goha Hotel. Das teuerste Hotel der Stadt und definitiv nicht unbedingt in unserer Preisklasse, aber von dort hat man eine wahnsinns Aussicht über Gondar. Ich kann nur empfehlen für einen Kaffee oder ein Essen dort hin zu fahren und den Blick von der Terasse aus zu genießen.
Zurück im Zentrum, machten wir uns auf den Weg zum Gemp. Die Palastanlage ist eine der Sehenswürdigkeiten, die man in Gondar gesehen haben sollte. Sie wurde von 6 aufeinanderfolgenden Kaisern erbaut und ist von einer Schutzmauer umgeben. In der riesigen Anlage gibt es auch einiges zu sehen, zum Beispiel die sechs Schlösser die von den Kaisern erbaut wurden. Die Tradition in Äthiopien war zu dieser Zeit, dass der Sohn, nachdem er dem Vater auf den Thron gefolgt war, ein neues Schloss errichtet und dieses mit seiner Familie bezieht. Die restlichen Verwandten lebten nach der Fertigstellung aber weiterhin im alten Palast.
Nur ein kleiner Ausschnitt vom Gemp. Das Gelände ist riesig!
Hier die Tourifacts zum Gemp: Eintritt für den Gemp und das Bad des Fasilidas beträgt 100 ETB. Für die Leute die nicht zu dumm sind ihren Studentenausweis mitzunehmen kostet er nur 75 ETB. Außerdem hat man am Ticketoffice auch die Möglichkeit einen Guide zu buchen. Das sind keine Pseudoguides, wie sie einem in Addis und auch in anderen großen Städten hier gern begegnen, sondern staatlich angestellt und geprüfte Führer, die wissen wovon sie reden und gut Englsch sprechen. Für 150 ETB gibt es den Führer für den Gemp unf für 300 ETB einen Führer für den Gemp, das Bad des Fasiladas und die Debre Selassie Kirche. Wir haben zusammengelegt und den Guide für alle 3 Sehenswürdigkeiten genommen. Meiner Meinung nach hat sich das auf jeden Fall gelohnt. Hier ist es nicht so, wie bei uns, dass überall Informationstafeln stehen, die einem erklären was man so sieht und selbst die beste Beschreibung im Reiseführer ist nicht so hilfreich wie ein Guide.
Der Gemp ist auf jeden Fall beeindruckend. Ich finde die Bezeichung „Camelot Äthiopiens“ ist nicht ganz unberechtigt. Auch sind die Palastanlagen wirklich bemerkenswert, auch wenn sie teilweise zerfallen sind. Das hat man einerseits der Zeit, andererseits, aber leider auch den italienischen Belagerern zu verdanken, die beim Verlassen des Landes vieles zerstört haben. Vieles wurde in jahrelanger Kleinarbeit durch die UNESCO restauriert. Schritt für Schritt wird man durch Jahrhunderte von äthiopischer Geschichte geführt und lernt welche Intrigen teilweise hinter den Palästen stecken. Da hat der eine Bruder den anderen vergiftet um an die Macht zu kommen, die Mutter den Sohn über Jahre als Regentin vertreten, weil der Vater zu früh gestorben ist und und und. Ich liebe solche Geschichten; sie hauchen den Steinen leben ein.
Witzig ist auch, dass es im Gemp eine antike Sauna und auch ein Jacuzzi gab, direkt neben dem Löwenkäfig.
Damit dieser Bericht nicht absolut unlesbare Längen annimmt, höre ich besser auf vom Gemp zu erzählen und mache weiter mit dem Bad des Fasilidas.
Nach einer kurzen Bajaj-Fahrt kommt man bei dieser Anlage an. Vor ihr befindet sich ein alter Marschierplatz aus den Zeiten der DERG. Drinnen erwartet einen ein riesiges Becken (ca. 70 x 40 m), in dessen Mitte ein Haus steht. Das Becken ist leer und wird heutzutage nur einmal im Jahr zur Feier der Taufe Jesus gefüllt. Im 17. Jahrhundert wurde es von Fasilidas als Schwimmbad genutzt. Auch dieses Bauwerk ist beeindruckend. Insbesondere die Technik die dahinter steckt, finde ich spannend. Das Becken wird nämlich über einen umgeleiteten Fluss gefüllt (damals wie heute) und ist auch leicht abschüssig gebaut, sodass das ganze Becken durch ein einziges Loch geleert werden kann. Wenn das Bad heute gefüllt wird, dann dauert es 3 Wochen bis es komplett gefüllt ist.
Das Bad des Fasilidas - das Wasser Reicht bis zum Balkon, wenn das Bad gefüllt ist
Etwas ganz besonderes sind auch die Bäume die die Anlage umgeben. In das Gebäude, das mitten im Bad steht, kann man übrigens nicht gehen, weil es bis heute als religiöses Gebäude genutzt wird.
Wie genial sind die Bäume??
Nach einer weiteren Fahrt mit dem Bajaj, waren wir an der Debre Selassie Kirche angekommen. Bereits der zweite Versuch heute die Kirche zu besichtigen, weil sie früher am Nachmittag für einen Gottesdienst geschlossen war (heute ist ja Gründonnerstag...).

Ein paar orthodoxe Frauen nach der Messe
 Wir kamen gerade Recht, denn in dem Augenblick wo wir aus dem Bajaj stiegen, strömte eine Menschentraube aus der Kirche. Da haben wir aber Glück gehabt. Die Debre Selassie Kirche ist besonders bekannt für ihre traditionellen Malereien (denen werden wir in Bahir Dar auch noch mehrfach begegnen). Diese Malereien sind ganz anders, als das was man aus Europa kennt. Vom Stil her sind sie vielleicht am ehesten noch mit der Romanik zu vergleichen (relativ einfache Formen, keine Perspektive, aber viel bunter). Auch die Technik ist eine ganz andere als in Europa's Kirchen. Die Bilder werden auf Tüchern gemalt, die dann mit einer Art Kleber auf die Wand aus Lehm und Dung aufgebracht. Die Farben werden aus verschiedensten Pflanzensäften gewonnen (Pigmente hat man erst viel später kennengelernt). Interessant. Während unserer Besichtgung, ging die Messe übrigens weiter, denn in der Karwoche wird praktisch durchgebetet. Hier haben sich übrigens auch die Jahre als Ministrantin ausgezahlt: ich konnte die ganzen Geschichten zu den Wandmalereien erzählen.

So, hier noch ein Bild von der Decke der Kirche und jetzt höre ich endlich auf zu schwafeln!


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