Sonntag, 17. April 2011

13.04.2011 – 17.04.2011: CBTP 2

Nach nur vier Tagen ist die Zeit in den Dörfern schon vorbei. Sehr schade, weil es wirklich interessante Tage waren und wir eigentlich alle geglaubt hatten, dass diese Phase des CBTP länger dauern würde. Stattdessen sind zwei Wochen für die Datenauswertung eingeplant.
Jeden Morgen wurden wir von einem Bus in unsere Kebele gebracht, dabei auch Essen und Getränke für alle.
Fragebögen wurden verteilt und danach sind wir alle ausgeschwärmt. Ich musste mich selbstverständlich an jemanden dran hängen, weil meine paar Wörter Amharisch niemals für diesen monströsen, 9seitigen Fragebogen reichen würden.
Der weitere Ablauf erinnert etwas an ein Dasein als Vertreter. Man klopft an jede Tür und fragt nach Frauen in der passenden Altersgruppe.
Wir wurden von allen sehr freundlich begrüßt und uns wurde immer eine Sitzgelegenheit angeboten. Die Frauen haben auch immer geduldigst unsere 1000 Fragen beantwortet und das obwohl wir sie allzu oft von ihrer Arbeit abgehalten haben.
Bei der Beantwortung der Fragebögen konnte ich leider nicht allzuviel helfen, aber das war ja von vornherein klar. Umso interessanter fand ich es einen Einblick zu bekommen wie die Leute hier leben. Bosa Kito ist – glaube ich wenigstens – eine ziemlich bunt gemischt Kebele. Von vollkommen ungebildeten Tagelöhnern bis zum Ingenieur findet man hier alles. Und man kann schon beim Betreten der Wohnung sagen, ob es eine reiche oder eine arme Familie ist. Das kann man allein schon an der Anzahl der Möbelstücke sehen. Was jedes Haus und jede Wohnung gemeinsam haben, ist dass alles ordentlich aufgeräumt ist und immer versucht wird, es so heimelig wie möglich zu machen, auch wenn die Mittel noch so begrenzt sind.
Kaffeezeremonie
Auch die Gastfreundschaft und Offenheit der Leute hat mich beeindruckt. Ich würde bestimmt nicht zwei Fremde einfach so in meine Wohnung bitten und denen Kaffee und Essen anbieten und auch noch meine Zeit mit einer Befragung verschwenden lassen. Die Leute hier schon. Eine Frau (die hatte den süßesten Sohn!), hat sogar eine kleine Kaffeezeremonie für uns abgehalten.
Am dritten Tag waren wir statt im Dorf in einer Grundschule und haben dort die Kinder untersucht. Wir hatten ein bestimmtes Kollektiv aus jeder Altergruppe zu untersuchen und sollten die Kinder mehr oder weniger von Kopf bis Fuß untersuchen. Es war sehr spannend zu sehen wie eine Schule in Äthiopien aussieht. Leider ist es auch schwer vorstellbar SO zur Schule gehen zu müssen. Klassen mit 30 – 50 Kindern sind die Norm, drei Kinder arbeiten an einem Tischchen und mehr als eine Tafel im Raum gibt es nicht.
Auch die Untersuchungsbedingungen fand ich schwierig. Ich habe mich bei den höheren Klassen einteilen lassen, weil die Schüler dort schon Englisch lernen und ich so unabhängig meine Kinder untersuchen konnte. Diejenigen, die nicht untersucht wurden, hätten zwar Pause gehabt, sind aber in der Klasse geblieben, weil es ja so viel spannender ist uns zuzusehen. Ich habe mehrere Mädchen untersucht, die um die 14 Jahre alt waren und die vor einer solchen Meute so zu untersuchen, dass es ihnen nicht peinlich ist, war praktisch unmöglich. Ich finde es auch so schon nicht einfach, ein Mädchen in dem Alter zu untersuchen, selbst wenn man optimale Untersuchungsbedingungen hat, aber so, war das absolut unmöglich.
Hier haben wir beim Wäsche Waschen gestört
Auch die Genauigkeit der Untersuchung hat dadurch natürlich gelitten. Teilweise hatte ich so eine Meute um mich herumstehen, dass ich mich kaum bewegen konnte (wegschicken war wirkungslos), geschweige denn vernünftig auskultieren. Und als „the ferengi doctor“ war ich auch noch die Attraktion des Tages und durfte einmal die Klasse erst verlassen nachdem ich noch 3 Kinder extra untersucht hatte. Alles in allem ein wirklich schöner und interessanter Tag!
So viel zur positiven Seite, nun zur negativen.
Nur die wenigsten der Studenten nehmen ihre Aufgabe ernst. Vielfach hängen meine Mitstreiter nach ein oder zwei Stunden Arbeit nur noch im Schatten rum und machen nichts. Auch mein „Partner“ lässt bestimmte Fragen einfach geflissentlich aus oder füllt nach nur wenigen Worten Gespräch zwei Seiten im Fragebogen aus und nachdem die Fragen sehr unterschiedlich sind, ist es auch nicht möglich, dass die Fragen in dieser kurzen Zeit beantwortet wurden.
Natürlich verstehe ich, dass es für die eine Menge extra Arbeit ist und auch dass die paar Notenpunkte die man für das Projekt bekommt nicht wahnsinnig viel Arbeit wert sind. Auch ist es verständlich, dass man gerade auf sowas direkt nach der Prüfungsphase keine Lust hat. Trotzdem finde ich, sollte man bei einem solch wichtigem Projekt wenigstens versuchen ordentlich zu arbeiten, auch wenn die äthiopische Art generell etwas gemütlicher und weniger genau ist als die deutsche.
Ich muss zugeben, dieses Verhalten finde ich ziemlich enttäuschend und was ich aus den anderen Gruppen so vernommen habe ist es da nicht anders. Auch deshalb bin ich momentan sehr zwiegespalten was das ganze Programm betrifft.
Ein paar Kinder in der Schule. Meine Kamera war eine sehr spannende Sache

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