Samstag, 21. August 2010

Warum ICU manchmal wirklich scheiße ist!

Ok Leute. Ich bin heute ernsthaft angekotzt von meiner Famulatur!
Das liegt nicht am Team (die sind alle sooooo nett!), sondern an den Patienten… Nein, sie sind nicht quengelig oder nerven, weil sie ständig wegen ncihts klingeln. Das alles geht auf der ICU ja nicht. Die meisten sind ja sediert (im „künstlichen Koma“) und beatmet.
Die Intensivstation auf der ich bin ist eine sehr große Station (20 Betten) und wir haben einen großen Patientendurchlauf. Positiv (Patienten die nach einer OP eine bestimmte Zeit intensivmedizinisch betreut werden müssen, dann auf die Normalstation verlegt werden und gesund und happy wieder rausspazieren) wie negativ (Patienten, die schwere Unfälle haben, nach eine NotOP nicht mehr auf die Beine kommen oder aus irgendwelchen anderen Gründen nicht wieder gesund werden).
Letztere kotzen mich heute wirklich an. Die können natürlich nichts dafür, aber ich erzähl euch mal was ich in den letzen 2 Tagen an solchen Patienten gesehen hab:
Mr. M, 78: rupturiertes Aortenaneurysma (= eine Aussackung der Hauptschlagader, die zerreißt. Blutet sehr stark und ist hochgradig lebensgefählich), wurde als Notfall in die Klinik gebracht operiert und hat die OP erstmal überraschend gut überstanden. Innerhalb von 2 Tagen wurde respiratorisch extrem schlecht (heißt: es wird eine sehr invasive Beatmung benötigt, was wiederum nicht gut für die Lunge ist), war im Nierenversagen (die Niere entgiftet das Blut nicht mehr richtig und diese Substanzen sammeln sich im Blut. Sehr schlecht, wenn man diese Stoffe nicht durch eine Dialyse maschinell herausfiltert) und hat aufgehört über den Darm Nahrung zu absorbieren. Ich war dabei als wir seiner Familie sagen mussten, dass eine weitere Therapie nicht erfolgversprechend ist und wir keine Reanimation einleiten werden, sollte er ein Herzversagen haben. Ich saß seinem Bruder gegenüber, als das gesagt wurde. Der Ausdruck in seinen Augen… ich hätte heulen können. Das war am Donnerstag, am Freitag Vormittag ist er gestorben. Seine Familie ist um ihn herumgesessen.
Mr. R, 38: hatte einen schweren Motorradunfall und hatte von Anfang an eine extrem schlechte Prognose. Die wurde seiner Frau und seinen Eltern auch mitgeteilt. Die Frau ist vollkommen zusammengebrochen und war nicht mehr zu beruhigen. Am Donnerstag nacht hat sich unsere Prognose bewahrheitet und er ist gestorben. Er hatte 2 Kinder: 1 und 4 Jahre alt.
Frau B, 66: war schon seit 2 Monaten auf der ICU. Asthmatikerin und immer wieder wegen pulmonalen Problemen in der Klinik gewesen. Bis auf die Lungenprobleme ist sie aber recht rüstig, sitzt wach in ihrem Bett und wird über ein Tracheostoma beatmet. Bis auf die Lunge geht es ihr gut. Aber diese sind nicht zu beheben und ihre Situation wird seit sie hier ist schlechter und nicht besser. Nun hat sie auch noch eine Pneumonie (Lungenentzündung) und ist septisch. Aber trotzdem sitzt sie im Bett, und verständigt sich mit Händen und Füßen. Sie will unbedingt wieder gesund werden, nur wird das leider nichts mehr. Die Ärzt entscheiden also mit der Familie die Beatmung auszuschalten. Ich sitze am Desk und schlage Sachen nach, als mein Blick auf ihren Bildschirm fällt (wir haben dort unsere Kontrollzentrale). Erst immer mehr Arrhythmien (unregelmäßiger Herzschlag), dann nimmt die Sättigung weiter ab, der MAP (mean arterial pressure, der arterielle Mitteldruck) sinkt auf null. Im EKG sieht man noch sporadische elektrische Aktivitäten, dann auch dort die Nulllinie. Sie ist tot. Allein in ihrer Ecke, die Familie ist vor einer Stunde nach Hause gegangen.
Frau K., 85: ebenfalls ein rupturiertes AAA, hat die Geschichte aber recht gut überstanden und ging nach 4 Tagen auf Normalstation (meine erste eigene Patientin). Kurz vor ich heute los wollte, habe ich noch mitbekommen, dass sie wieder kommen wird. Verdacht auf Schlaganfall.
Irgendwie viel, für 1 Tag, sagen sogar die Ärzte. Und es lässt einen die Erflogsgeschichten, die man feiern kann fast vergessen. Ich kann sowas normalerweise recht gut ausblenden, aber die letzten 24 Stunden waren einfach heftig. Ich geh jetzt in die Stadt, ich brauche Ablenkung. Zum Glück ist Fringezeit!
Inzwischen habe ich das Gefühl, dass diese Famulatur, die heftigste werden könnte, die ich bisher hatte…

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